Rund um die Grundsatzfrage "Trockenfutter oder Feuchtfutter?" spielen sich sehr viele - auch durchaus hitzige und zum Teil unsachliche - Diskussionen vor allem in Internetforen ab. Doch es zahlt sich aus, diese Frage etwas differenzierter und vielleicht auch ein klein wenig pragmatisch nicht nur hinsichtlich der Inhaltsstoffe und Konsistenz, sondern auch der Fütterungsstrategie zu betrachten.
Grundbedarf einer Katze
Die Katze ist ein reiner Fleischfresser - und zwar neben dem Frettchen das einzige rein fleischfressende Tier, das domestiziert wurde. Fleisch ist ein hochwertiges Nahrungsmittel, und in Notzeiten wurden Haustiere eher mit Abfällen als mit wertvollem Protein gefüttert. Die Katze hat sich jedoch - und tut es es teilweise noch immer - sehr gut selber mit hochwertigem Eiweiss versorgt.
Und sie hat sich durch ihre effiziente Jagd auf vorratsschädliche Mäuse und Ratten ihren Platz als Haustier des Menschen sozusagen erarbeitet. Neben Mäusen fressen Katzen auch noch anderes Kleingetier, das eher als Snack denn als richtige Mahlzeit durchgeht. Mäuse und andere Beutetiere der Katze enthalten vor allem sehr viel Eiweiss, Fett und nur wenige Kohlenhydrate, ausserdem sind sie saftig. Katzen decken einen guten Teil ihres Flüssigkeitsbedarfs aus ihren Beutetieren. Denn Katzen sind trinkfaul.
Fertigfutter statt Mäusen
Seit die Katze jedoch in unsere Wohnungen und Häuser eingezogen ist und sich ihr Futter nicht mehr selbst erjagen kann, ist sie meistens auf Katzen-Fertigfutter angewiesen. Und dieses besteht nicht aus Mäusen, sondern hat sich bis vor einigen Jahrzehnten sogar nur an den Bedürfnissen des Hundes orientiert.
Fertigfutter für Katzen besteht zu einem weitaus höheren Teil aus Kohlenhydraten und aus weniger Eiweiss als die üblichen Beutetiere. Welche Bedeutung diese verschobenen Profile an Grundnährstoffen für die Katze tatsächlich haben, ist immer wieder Gegenstand von wissenschaftlichen Untersuchungen, und nach wie vor ist noch wenig endgültig erwiesen. Eindeutig ist aber, dass die Lebenserwartung der Katze in den letzten Jahren enorm zugenommen hat, und dies lässt sich neben der verbesserten Gesundheitsvorsorge zweifelsohne ebenso auf eine gute Fütterung der Tiere zurückführen.
Zu viele Kilos auf der Waage
Leider hat sich im gleichen Zeitraum eine andere Problematik geradezu wie eine Epidemie entwickelt: Übergewicht und als Folge Diabetes mellitus.
Nun wäre es leicht zu sagen: "Alles klar, die vielen Kohlenhydrate vor allem in Trockenfutter sind die Ursache." Doch so einfach ist die Stoffwechsel-Lage der Katze nicht. Zuckerkrankheit ist bei der Katze fast immer eine Folge von Übergewicht (wie auch der Typ II beim Menschen) - und aus Studien wurde klar: Es spielt keine Rolle, wodurch die Katze übergewichtig wurde. Ein hoher Fettgehalt anstelle eines zu hohen Kohlenhydratgehalts verursacht sogar noch schneller Übergewicht.
Dennoch wird hier einer der wesentlichen Kritikpunkte für Trockenfutter deutlich: Das Risiko, dass eine Katze Übergewicht entwickelt, ist mit energiedichtem Trockenfutter, das frei zur Verfügung steht, deutlich erhöht. Eine Katze, die durchschnittlich zehn Kroketten pro Tag mehr frisst, als ihrem Bedarf entspricht, nimmt in einem Jahr zwölf Prozent an Gewicht zu.
Hinzu kommt das oftmals geringe Interesse der Katze zu trinken, um die Differenz im Flüssigkeitsgehalt von Trockenfutter zum Wasserbedarf ganz auszugleichen. Damit steigt für manche Katze auch das Risiko von Kristall- und Steinbildung in den Harnwegen. Mit einem attraktiven und vielfältigen Wasserangebot, zum Beispiel durch Fontaines, kann das Risiko hierfür reduziert werden.
Das Spiel mit dem Futter
Also alles klar - Trockenfutter ist schlecht für die Katze? Wäre da nicht ein weiteres Kriterium, das erheblich zum Wohlbefinden der Katze beiträgt: nämlich die kleinen, immer frisch erarbeiteten Snack-Mahlzeiten, die über Tag und Nacht verteilt gefressen werden. Katzen sind nicht wie Hunde für wenige grosse Mahlzeiten pro Tag ausgerüstet. Feuchtfutter in 23-Gramm-Mahlzeiten alle zwei Stunden frisch anzubieten ist nur in wenigen Haushalten realistisch: Stehen gebliebenes Feuchtfutter vergammelt innerhalb weniger Stunden und ist nur mehr für Fleischfliegen interessant.
Hier kommt nun wieder das Trockenfutter ins Spiel, das eine aus ethologischer Sicht katzengerechte Fütterung sehr vereinfacht. Trockenfutter bleibt auch nach Stunden attraktiv und kann daher immer angeboten werden. Aber: Trockenfutter sollte der Katze ausschliesslich als "Arbeitsessen" und nicht im Napf zur Verfügung stehen. Das heisst, sie hat zwar immer die Möglichkeit zu fressen, aber sie muss Zeit und Arbeit investieren.
Fazit: Die Fütterung auf die Glaubensfrage von Trocken- oder Feuchtfutter zu reduzieren, wird dem Anspruch an ein Snacks fressendes kleines Raubtier nicht gerecht. Trockenfutter ja, aber nicht aus dem Napf, sondern nur als Arbeitsessen.
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Vor- und Nachteile
Trockenfutter:
- verdirbt nicht
- kann einfach als Arbeitsessen in Fummelbrettern und Fodd Puzzles angeboten werden
- minimiert den Zahnbelag
- Energiedichte erhöht Risiko für Übergewicht
- höherer Kohlenhydratgehalt
- geringere Wasseraufnahme
Feuchtfutter:
- entspricht im Flüssigkeitsgehalt natürlicher Beute
- Kohenhydratgehalt geringer als im Trockenfutter, aber immer noch höher als in natürlicher Beute
- Verderb beginnt ab dem Zeitpunkt des Öffnens einer Packung
- mehr Plaquebildung an den Zähnen